Die seltsame Heirat

Ignaz und Joseph Zingerle, geändert von Markus Götz

Vor langer Zeit hatte einmal eine Oberstudienrätin drei Söhne, von denen der mittlere ein rechter Lapp war. Man mochte ihm auftragen, was man wollte, alles tat er verkehrt. Eines Tages war er ganz betrübt, denn seine Brüder wollten ihm einen Teil der Hauswirtschaft nicht überlassen, weil er gar so dumm war.

Da wusste er sich vor Ärger und Verdruss gar nicht zu fassen und ging in den Wald hinaus, um seine Brüder nicht mehr zu sehen. Als er so durch den dichten, dunklen Forst dahinwanderte, hörte er plötzlich in der Nähe seinen Namen rufen. Er dachte sich wer das sei und ging der Gegend zu, aus der die Stimme zu kommen schien.

 

Er war nicht weit gegangen, so gelangte er zu einem schönen, blauen See und erblickte am Ufer einen kleinen dicken Frosch, der ihm immer zurief: "Michel! Michel!"

 

"Was willst du denn?" fragte Michel, der ganz erstaunt war.

 

"Nichts sonst", antwortete der Frosch. "Ich bin so mutterseelenallein, und da möchte ich dich zur Gesellschaft haben."

 

Der Michel hatte Mitleid mit dem armen Tier, setzte sich auf einen Stein und plauderte die längste Zeit mit dem Frosch. Wie es dann Abend wurde, und ein kühler Luftzug strich schon über das Wasser, da dachte sich Michel, ich muss doch heimgehen, und nahm von dem Frosch Abschied.

 

Dieser sagte aber: "Komm mich bald wieder besuchen, und dann kannst du verlangen, was du willst, ich werde es dir geben." Er gab ihm auch ein Stäbchen und fuhr fort: "Nimm dieses Stäbchen, und wenn du damit in den See hineinschlägst, weiß ich schon, dass du da bist."

 

Nach diesen Worten hüpfte er ins Wasser, dass es einen lauten Patsch tat, und Michel ging freudig mit seinem Stäbchen nach Hause. In der Nacht konnte er nicht schlafen, denn immer dachte er an den Frosch und das Stäbchen, und er wunderte sich sehr, ob wohl das, was der Frosch gesagt hatte, wahr sei. In aller Frühe, als die Hennen noch auf einem Fuß standen und schliefen, stand er schon auf, nahm das Stäbchen und wanderte in den dunklen Wald hinaus und ging, bis er zum See kam. Und wie er dort war, schlug er mit dem Stäbchen ins Wasser, dass es weite Wellen schlug, und sogleich hörte er den Frosch fragen: "Michel, was willst du?"

 

Er antwortete: "Drei Schneuztüchlein."

 

Kaum hatte er es gesagt, so flogen drei schöne Tücher aus dem Wasser heraus, und Michel ging damit voll Freude nach Hause. Als er dort war, dachte er bei sich, ich habe so schöne Schneuztücher, und meine Brüder haben nur schlechte; ich muss ihnen schon auch zwei davon geben. Gedacht, getan! Das schönste Tuch behielt er für sich, die andern beiden gab er seinen Brüdern.

 

Am anderen Morgen ging Michel wieder, bevor der Tag graute, in den Wald zum See hinaus und schlug mit dem Stäbchen ins Wasser. Da fragte der Frosch wieder: "Was willst du?", und Michel antwortete: "Drei schöne Schnupftabakbüchsen."

 

Kaum hatte er es gesagt, kam der Frosch aus dem Wasser herausgewatschelt und sprach: "Lieber Michel, ich kann dir diese nicht geben, denn ich habe keine vorrätig. Tu aber einen anderen Wunsch, und ich werde ihn erfüllen."

 

Da besann sich der Lapp nicht lange und sprach: "Das liebste wäre mir, wenn ich heiraten könnte und dürfte!"

 

Dem Frosch schien dieser Wunsch zu gefallen, und sie erwiderte: "Wenn du heiraten willst, so soll dir bald geholfen sein. Du heiratest mich, und dann ist alles abgetan."

 

Als Michel dies hörte, hatte er die größte Freude, denn er hatte jetzt auch eine Braut. Jetzt konnten die Dorfmädchen sehen, dass er doch eine gekriegt hatte. Er setzte sich nun auf einen Stein nieder, und der Frosch kroch auf seinem Knie herauf, und sie saßen den ganzen Tag beisammen und besprachen alles, was bei solchen Gelegenheiten besprochen wird. Und als sie noch nicht alles abgeredet hatten, fing es schon an zu dunkeln, der Frosch nahm von seinem Michel Abschied und sprang in den See hinein, und Michel eilte voll Freude nach Hause. Am folgenden Tag, es war gerade ein Samstag, ging er, ohne dem Vater oder den Brüdern etwas davon zu sagen, in den Pfarrhof und sagte dem Pfarrer, er wolle jetzt heiraten und habe mit seiner Braut alles in Ordnung. Er bat dann, der Herr Pfarrer möge den Verkündzettel schreiben und ihn morgen nach der Predigt verkünden.

 

Der Pfarrer glaubte anfangs, Michel sei nicht bei Sinnen, und wollte ihm nicht willfahren. Als dieser aber auf seinem Vorhaben bestand, gab der Geistliche nach, und schrieb, was Michel ihm ansagte, staunte aber nicht wenig, als der junge Mann keine Braut nannte. Ihn zu nennen, hatte ihm nämlich der Frosch verboten. Der Pfarrer mochte fragen und tun, was er wollte, Michel erwiderte immer: "Ich darf meine Braut nicht nennen."

 

Am Sonntag wurde Michel verkündet, und alle Zuhörer lachten hellauf, dass der Lappe, ohne eine Braut zu haben, heiraten wollte. Als er aus der Kirche nach Hause kam, waren Vater und Brüder über ihn böse und verlachten ihn. Ihm war jedoch alles gleichgültig, und er kümmerte sich nicht darum und ging oft zum See zu seinem Frosch hinaus. Endlich kam der Hochzeitstag, und da hättest du die Freude des Michels sehen sollen!

 

Als es noch nicht Ave-Maria geläutet hatte, fuhr Michel schon in einer prächtigen Kutsche in den Wald hinaus, um seine Braut zu holen. Als er am See ankam, wartete der Frosch schon am Ufer, wurde vom Michel sogleich in die Kutsche gehoben, und dann ging es im schnellsten Trab über Stock und Stein der Kirche zu. Vor der Kirchtür wurde er wieder aus dem Wagen gehoben und patschte an der Seite seines Bräutigams zum Altar, wo der Geistliche auf das Brautpaar schon harrte.

 

Dieser machte keine kleinen Augen, als er den garstigen Frosch sah, nahm aber keinen Anstand, das seltsame Paar zu trauen. Nach dem Gottesdienst watschelte der Frosch wieder zur Kirchentür, wurde von Michel wieder in den Wagen gehoben und fuhr dann mit dem angetrauten Mann von dannen zum See. Dort angekommen, hob Michel ihn wieder aus dem Wagen, und er sprang lustig in den See hinein.

 

Da war Michel gar traurig und wusste nicht, was er tun sollte. Er nahm endlich sein Stäbchen und schlug in das Wasser, und siehe da! – ein wunderschöner Mann stieg aus dem See und eilte auf den Michel los und halste und herzte ihn, dass er fast erdrückt wurde. Michel war sprachlos, dass er einen Mann geheiratet hatte, dachte sich aber „Lieber einen Spatz in der Hand, als eine Taube auf dem Dach!“ Dann stiegen beide in die Kutsche und fuhren in das Dorf zurück. Da staunte jung und alt das Ehepaar an, denn einen so schönen Mann hatte man noch nie gesehen.

 

Es gab nun eine lustige Hochzeit, bei der ihnen der Himmel voller Geigen hing und der Tisch voll Speisen war, und der Bräutigamsfrosch war gar froh, dass er erlöst war. Michel und sein reicher, schöner Mann lebten lange, lange Zeit glücklich und zufrieden beisammen und sprachen noch oft im Alter von ihrer seltsamen Heirat.