Ich bin der Ziegenbock im langen Zottelrock

ein serbisches Märchen

Es war einmal eine Frau, die hütete Lämmer und Zicklein. Da kam ein Alter vorbei und bat sie um ein Zicklein. Die Frau gab ihm eins, und er trug es nach Hause. Und so, lebendig wie es war, mit Haut und Haaren, steckte er es in den Ofen, um es zu braten. Aber das Zicklein öffnete die Ofentür, sprang heraus und lief davon, der Alte sofort hinterher. Er entdeckte es auf einem Feld, jagte und hetzte hinter ihm her, bis er es wieder eingefangen hatte. Und so, lebendig wie es war, salzte er das Zicklein ein und steckte es in einen Topf mit heißem Wasser. Dann deckte er den Topf mit einem Deckel zu und machte sich an eine andere Arbeit, während das Zicklein kochen sollte. Aber das Zicklein wälzte sich im Wasser hin und her, deckte den Deckel ab, sprang aus dem Topf und lief in eine Höhle.

Da kam der Wolf, der in dieser Höhle wohnte. Als er aber in seiner Höhle etwas meckern hörte, ging er nicht hinein, sondern rief herab: „Wer ist in meiner Höhle?"
Das Zicklein antwortete:
„Ich bin der Ziegenbock
im langen Zottelrock,
mit Salz gekocht, mit Salz gebraten,
gesalzen und doch ungeraten,
wie eine Heugabel sind meine Zähne,
wenn ich dich fresse, dann fallen Späne."

Da erschrak der Wolf und lief davon. Er begegnete dem Fuchs und erzählte ihm, was für ein Ungeheuer sich in seiner Höhle niedergelassen hätte.
Der Fuchs wollte dieses Ungeheuer natürlich sehen, aber auch er erschrak über alle Maßen, als er hörte, wer in der Höhle war, und lief so schnell er konnte davon. Da traf er den Bären, und der fragte ihn: „Mein Gott, Gevatter, wie bist du voller Staub! Wo kommst du denn her?" „Ach, frag mich nicht! Flieh nur aus diesem Wald, denn hier wird's dir bald schlecht ergehen."
Und er erzählte ihm alles. Der Bär aber, der wusste, dass der Fuchs gern andere hereinlegte, glaubte ihm nicht und ging selbst zur Höhle. „Wer ist in meiner Höhle?"

„Ich bin der Ziegenbock
im langen Zottelrock,
mit Salz gekocht, mit Salz gebraten,
gesalzen und doch ungeraten,
wie eine Heugabel sind meine Zähne,
wenn ich dich fresse, dann fallen Späne."

Da lief auch der Bär so schnell er konnte davon und traf den Igel. Er erzählte ihm, was er gehört hatte und bat ihn, mit ihm zu gehen.
Auch der Igel war natürlich neugierig, und so ging er mit zu der Höhle, um dieses Ungeheuer zu sehen. Als er oben an die Höhle kam, rief er hinunter: „Wer ist in meiner Höhle?"

„Ich bin der Ziegenbock
im langen Zottelrock,
mit Salz gekocht, mit Salz gebraten,
gesalzen und doch ungeraten,
wie eine Heugabel sind meine Zähne,
wenn ich dich fresse, dann fallen Späne.
Und wer ist da oben in der Höhle?"

Der Igel stellte seine Stacheln auf und antwortete:

„Ich bin der Igel,
Fürst über sieben Hügel,
roll mich zu einem Trompetchen ein,
steche den Ziegenbock in das Bein."

Da erschrak unser Zicklein sehr, stürzte Hals über Kopf aus der Höhle heraus und lief davon Und so wurde der Igel der Held des Tages.